Übermäßiger Straßenverkehrslärm wird als erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Menschen in städtischen Umgebungen wahrgenommen und kann negative Auswirkungen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Stress, Bluthochdruck und einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen haben. Daher sind Gegenmaßnahmen erforderlich, sowohl hinsichtlich der Schallquelle (Fahrzeuge) als auch der Übertragungspfade (z. B. Schallschutzwände).
WAS BEHANDELT WIRD
Zur Kontrolle der Geräuschemissionen von Fahrzeugen müssen Fahrzeughersteller das Vorbeifahrtsgeräusch gemäß den Regelungen messen, um sicherzustellen, dass ihre Fahrzeuggeräuschemissionen innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen liegen. Für ihre 56 Mitgliedstaaten in Europa, Nordamerika und Asien werden die Regelungen von der Arbeitsgruppe ‚Working Party on Noise and Tyres‘ der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE - United Nations Economic Commission for Europe) koordiniert. Die Mitgliedsstaaten erlassen dann lokal Vorschriften, wobei einige Länder noch strengere Lärmgrenzen und zusätzliche Verfahren anwenden.
Hersteller von Pkw, Lkw und Bussen müssen die Regelung R51 (Kategorien M und N) die Regelung einhalten, während für die Hersteller von Motorrädern die Regelung R41 (Fahrzeugklasse L3) gilt. Beide Regelungen sind sehr ähnlich, es gibt jedoch einen gewissen Unterschied in den Berechnungen.
Prüfungen für die Homologation (Fahrzeugtypgenehmigung) werden normalerweise auf einer Messstrecke im Freien durchgeführt; dies wird als reale Vorbeifahrt (Field Pass-by (FPB)-Test) bezeichnet. Beide Regelungen schreiben vor, dass das Fahrzeug die mittlere Bezugslinie der Strecke entlang an zwei Mikrofonen vorbeifährt, die auf beiden Seiten in einem Abstand von 7,5 m von der Mittellinie angeordnet sind. Die Position, an der die Geräuschemission am höchsten ist, wird nach den in den Vorschriften festgelegten Regeln festgehalten. Es erfolgt eine Reihe von Beschleunigungstests mit konstanter Geschwindigkeit (CRS) und weit geöffneter Drosselvorrichtung (WOT); dann werden die Ergebnisse zu einem Wert zusammengefasst - Lurban (für den Stadtverkehr repräsentativer, angegebener Fahrzeugschalldruckpegel), der innerhalb der in der Regelung beschriebenen Grenzen liegen muss. Neben der Homologation muss die Konformität der Produktion (CoP) in festen Zeitintervallen gemäß den Regelungen geprüft werden, damit die Fahrzeughersteller ihre Fahrzeuge weiter vermarkten können.
Die Regelungen R41 und R51 beinhalten auch das Verfahren gemäß den zusätzlichen Bestimmungen zu Geräuschemissionen (ASEP). Bei diesem Verfahren werden ähnliche Messmethoden verwendet, jedoch mit breiter gestreuten Fahrbedingungen, um sicherzustellen, dass sich das Fahrzeuggeräusch nicht zu stark von den enger gefassten Verfahren für den Stadtverkehr - Lurban unterscheidet. Bestimmte Fahrzeugtypen müssen diese Anforderungen erfüllen und von den Herstellern selbst zertifiziert werden.
ASEP befindet sich derzeit in Überarbeitung sowohl im Hinblick auf R51 als auch R41. Die Fertigstellung soll bald erfolgen.
Simulierte Vorbeifahrtsgeräuschmessung nach R51-03
Um sicherzustellen, dass Fahrzeuge die endgültige Homologation bestehen, werden Motorräder und Autos während des Fahrzeugentwicklungsprozesses auf einem Rollenprüfstand in einem Halbfreifeldraum getestet. In dieser kontrollierten Umgebung sind Messungen von unterschiedlichen Wetterbedingungen und Hintergrundgeräuschen unabhängig und können das ganze Jahr über durchgeführt werden. Darüber hinaus ermöglicht das Fahrzeug auf dem Prüfstand einfachen Zugang für weitere Instrumentierung oder Schalldämmungsmaßnahmen rund um das Fahrzeug zur Untersuchung der Ursachen von Geräuschemissionen..
Während des Entwicklungsprozesses kombinieren viele Hersteller simulierte Vorbeifahrtsgeräuschmessungen mit der SPC-Analyse (Source Path Contribution), um Bereiche für Konstruktionsänderungen genau zu bestimmen und Strategien zur Reduzierung von Schallemissionen und der damit verbundenen Optimierung von Schallübertragungspfaden zu erstellen. Einige Hersteller wenden zudem zur Ermittlung des Ursprungs des vom Fahrzeug abgestrahlten Geräuschs Techniken der Schallquellenortung an, wie z. B. auf Mikrofonarrays basierende Messlösungen mit Beamforming- und Holographie-Verfahren.
Ab dem 29. Dezember 2018 wurde für Homologation und CoP für Fahrzeuge der Klassen M und N (Pkw, Busse und Lastwagen) die simulierte Vorbeifahrtsgeräuschmessung (Indoor-Pass-by) eingeführt, beschrieben in R51-03, Änderungsantrag 4. Die Verfahren basieren auf der Norm ISO 362-3:2016, die beschreibt, wie eine simulierte Vorbeifahrtsgeräuschmessung durchgeführt werden kann.
Obwohl Pass-by-Prüfungen im Innenraum jetzt für die Homologation von Fahrzeugen der Klassen M und N zulässig sind, kann die Typgenehmigungsbehörde einen Außentest zur Überprüfung vorschreiben. Die Option, einen Außentest anzuordnen, gilt für jeden Test, der in R51-03 festgelegt ist, einschließlich CoP-Tests. Darüber hinaus erlaubt R41 noch keine simulierte Vorbeifahrtsgeräuschmessung zur Homologation und CoP von L3-Motorrädern.
Um sicherzustellen, dass die für Homologation und CoP verwendeten Indoor-Pass-by-Tests mit Messungen im Freien vergleichbar sind, ist in der Dokumentation der technischen Servicedokumentation Folgendes zu dokumentieren:
- Validierung der Anlage, zum Beispiel akustische Beschaffenheit des Raumes, Handhabung von Rollenprüfstand und Klimatisierung, Hintergrundgeräuschpegel, dynamische Leistung des Rollenprüfstands, Software.
- Verfahren, die für Indoor-Tests angewendet werden sollen, zum Beispiel Einrichtung von Rollenprüfstand und Software, Beladung und Ladungssicherung, Lüftung und Thermomanagement des Fahrzeugs.
- Daten zu Ausroll- und Reifengeräuschpegel zur Berechnung der Lastkoeffizienten des Rollenprüfstands und Reifengeräuschdaten zur Bestimmung der endgültig im Bericht festzuhaltenden Ergebnisse.
- Testergebnisse zu einer repräsentativen Auswahl der Produktion des Herstellers als Nachweis dafür, dass Indoor-Tests Ergebnisse liefern, die mit denen von Außentests mit akzeptabler Genauigkeit vergleichbar sind.
Testausrüstung nach R51-03
Testgeräte
R51-03 Amendment 4 schreibt außerdem vor, dass Prüfgeräte die folgenden Anforderungen erfüllen müssen:
PASS-BY-LÖSUNGEN VON HBK
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- Die Messgeräte müssen dieselbe oder eine bessere Genauigkeit aufweisen als Messgeräte für den Außenbereich.
- Für Indoor-Lösungen ist ein Mehrkanal-Datenerfassungssystem notwendig, das mit einem Schallpegelmesser der Klasse 1 vergleichbare Ergebnisse erzielt. Zudem ist eine zusätzliche Weiterverarbeitungssoftware erforderlich.
Der Testraum muss die folgenden Anforderungen erfüllen:
- ISO 26101 für die Freifeld-Validierung wie in der Norm ISO 362-3 beschrieben.
- Die Schallausbreitung im Innenraum ist vergleichbar mit der Schallausbreitung im Freien. Alle Messeinrichtungen, sowohl im Innen- als auch im Außenraum, weisen ähnliche Abweichungen auf. Testräume, die nicht lang genug sind, um die gesamte Länge der Teststrecke abzudecken, einschließlich zusätzlicher 20 m zur Bewertung von Fehlzündungsgeräuschen, können genutzt werden, sofern der Höchstpegel mit Vorsicht bewertet wird, damit Spitzenwerte nicht übersehen werden (ISO 362-3:2016, Anhang E). Die kürzere Länge wird kompensiert, indem ein Teil des Mikrofonarrays um das Heck des Fahrzeugs herum positioniert wird. Die Höhe der Mikrofone ist variabel, um eine Hochrechnung auf die erforderliche Höhe von 1,2 m bis zur Entfernung von +20 m von der Linie BB' zu ermöglichen.
Das Mikrofonarray:
AUFBAU FÜR DIE SIMULIERTE VORBEIFAHRTSGERÄUSCHMESSUNG
So sieht der typische Messaufbau aus
- Das Mikrofonarray sollte 7,5 m von der Mittellinie entfernt aufgestellt werden, denn obwohl es bei kürzerer Entfernung vergleichbare Ergebnisse liefern kann, ist der Abstand von 7,5 m obligatorisch.
- Der Test kann sowohl mit einer einseitigen als auch mit einer doppelseitigen Reihe von Mikrofonen durchgeführt werden.
Die Indoor-Pass-by-Software sollte Folgendes bieten:
- Kombination der Zeitdaten von jedem Mikrofon im Array zur Nachbildung eines virtuellen Durchlaufs des Fahrzeug vorbei an den Mikrofonen. Dies emuliert das Fahrzeug in der Vorbeifahrt einem einzigen Mikrofon, und die Auswertung der Gesamtschalldruckpegel als Funktion der Position auf der Strecke.
- Emulation der Positionen entsprechend der FPB-Messung.
Reifenfahrbahngeräusch und damit verbundene Korrekturen
Da die von den Prüfstandsrollen abgestrahlten Reifengeräusche nicht sehr realistisch sind, können sie nicht mit den Reifenfahrbahngeräusch von Außenmessungen verglichen werden. Alle Indoor-Tests für Homologation und CoP müssen spezifische Verfahren für das Reifenfahrbahngeräusch einsetzen, die als Reifenfahrbahngeräusch-Variante A bezeichnet werden. Nur Variante A kann für Homologation und CoP verwendet werden und ist in Anhang B ISO 362-3:2016 beschrieben.
Diese Methode ist eine Kombination aus Tests im Innenbereich (für das Antriebsstranggeräusch) und Tests im Freien (für das Reifenfahrbahngeräusch). Es ist nicht erforderlich, die Reifenfahrbahngeräuschmessung bei jedem Fahrzugtest zu wiederholen. Die Daten mehrerer Reifen können in einer Datenbank gespeichert und ein übereinstimmender Datensatz aus der Datenbank für weitere Tests verwendet werden.
Zur Minimierung des Reifenfahrbahngeräuschs im Innenraum wird empfohlen, die kleinste Anzahl angetriebener Achsen an der Rolle zu verwenden, vorzugsweise mit Slicks oder geräuscharmen Reifen. Um die Reifen herum können Schallschutzwände oder andere Maskierungsmethoden aufgestellt werden, um die Verfälschung des Antriebsstranggeräuschs durch Reifengeräusche aus dem Rollenprüfstand während der Messung weiter zu reduzieren.
Wenn das verbleibende Geräusch der Prüfstandsrollen weniger als 10 dB unter dem maximalen A-bewerteten Schalldruckpegel liegt, der vom Testfahrzeug erzeugt wird, erfolgt die Korrektur des Ergebnisses durch energetische Subtraktion von Messungen im Innenraum. Um diesen Effekt zu minimieren, werden wieder profillose Reifen empfohlen und die Maskierung der Reifen kann erfolgen, sofern dadurch keine antriebsstrang-bezogenen Geräusche eliminiert werden. Gemäß ISO- 362:2016 B6 muss diese Auswertung auch dann durchgeführt und dokumentiert werden, wenn auf den Prüfstandsrollen Slicks verwendet werden.
Die Bewertung des Reifenfahrbahngeräuschs umfasst zwei Vorgehensweisen:
- Bewertung von Reifenrollgeräusch.
- Bewertung von Reifenfahrbahngeräusch einschließlich Drehmomenteinfluss, der mit einer vereinfachten Drehmomenteinflussmethode vom Reifenrollgeräusch abzuleiten ist.
Alle Bedingungen für die Bewertung von Reifenfahrbahngeräusch, Reifenrollgeräusch und Drehmomenteinfluss sind in ISO 362-3:2016, Anhang B ausführlicher beschrieben. 4.
Gesamtgeräuschpegel des Fahrzeugs
Der Gesamtgeräuschpegel des Fahrzeugs ist die energetische Summe aus Reifenfahrbahngeräusch aus Außenmessungen und Antriebsstranggeräusch aus Messungen im Innenraum. Diese Berechnung wird für jeden einzelnen Lauf durchgeführt wie in ISO 362-3.2016, Absatz 10.2.4 beschrieben.
Das Fahrzeug muss denselben Betriebsbedingungen, WOT- und CRS-Messungen unterliegen, wie in Anhang 3 der Regelung 51-03 für FPB beschrieben, und die gleichen Geräuschpegelgrenzwerte für Lurban wie bei FPB-Tests einhalten.
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